Vom Teilnehmer zum Zuschauer – ein Erfahrungsbericht

Es gibt Tage, da steige ich aus und schaue einfach nur zu. Nicht aus Flucht – sondern um klarer zu sehen. Ein stiller Bericht übers Umschalten, nicht Aufgeben. Und darüber, wie gut das tut.

Es gibt diese Tage – da wirkt alles ein bisschen zu laut.
Die To-Do-Liste faucht, das Handy vibriert wie ein nervöser Kolibri,
und selbst das Wetter scheint einem was sagen zu wollen.
Früher hätte ich mitgemacht.
Mitgespielt. Mitgerannt.
Funktioniert, obwohl nichts funktioniert hat.

Aber irgendwann kam der Moment,
in dem ich still gesagt habe:
„An diesem Tag nehme ich nicht teil.“

Was nach Rückzug klingt, war in Wahrheit ein Rollenwechsel.
Ich war nicht handlungsunfähig – ich war in der Beobachterposition.
Ein Schritt zurück – nicht um zu fliehen, sondern um klarer zu sehen.

Und in dieser Position beginnt eine ganz andere Art von Aktivität.
Keine Listen werden abgehakt.
Aber ich sehe. Ich spüre. Ich erkenne Muster.
Ich merke, was mich triggert. Was mich müde macht.
Und manchmal, was mir gut täte – wenn ich es wieder zuließe.

Es gab da diesen Morgen.
Ich trat vor die Tür – und die Kälte schlug mir ins Gesicht,
als hätte der Wind persönlich beschlossen, heute gegen mich zu sein.
So fühlte es sich an.
Als würde das Wetter mich nicht einfach frösteln lassen,
sondern mich angreifen.

In solchen Momenten beginnt das Drama im Kopf:
„Warum ist das jetzt so?“
„Wieso passiert das gerade mir?“
„Kann nicht einfach mal was normal laufen?“

Ich bin gestresst, obwohl noch nichts geschehen ist.
Ich bin verärgert, obwohl mich niemand angeschrien hat.
Ich bin erschöpft, obwohl der Tag gerade erst begonnen hat.

Früher hätte ich versucht, dagegen anzugehen.
Mich zusammenzureißen.
Mich zu zwingen, trotzdem zu funktionieren.

Aber heute – heute gehe ich manchmal einen anderen Weg.
Ich wechsle die Rolle.

Ich werde nicht Opfer dieser Emotionen.
Ich steige nicht mit ein.
Ich werde Beobachter.

Und dann passiert etwas Erstaunliches.
Ich sehe die Dinge plötzlich nicht mehr als Angriffe,
sondern als Reize.
Nicht mehr als persönliche Zumutung,
sondern als Bewegung im Außen.

Die Kälte bleibt. Der Wind bleibt. Die Umstände bleiben.
Aber mein Platz im Geschehen verändert sich.

Ich bin nicht mehr Teil des Chaos.
Ich schaue es mir an.

Und allein dieser Wechsel –
vom innerlich Beteiligten zum stillen Beobachter –
hat Kraft. Ruhe. Und manchmal sogar Trost.

Heute schaue ich nur zu.
Und das ist vollkommen in Ordnung.

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